Mein Reiseteleskop

Das Reiseteleskop

Gemeinschaftliche Beobachtungstouren mit Freunden führten zu dem Wunsch, ein eigenes Teleskop dabei zu haben. Dieses sollte dann auch gleich für Reisen nutzbar sein. So begann ich mit der Konstruktion einer Montierung. Das Teleskop sollte ein Semi-Apo-Triplett 100/600 mm (Kometenjäger-Bausatz) von BW-Optik sein. Für den Peilsucher hatte ich schon seit vielen Jahren die Bauteile liegen, die nun auch ihre Verwendung fanden. Folgende Forderungen sollte die Reiseausrüstung erfüllen:

    • Das Teleskop sollte eine Ergänzung zu meinem großen Teleskop darstellen und für die Deep-Sky-Beobachtung geeignet sein.
    • Die Montierung musste (entsprechend meinen heutigen Möglichkeiten) mit einfachsten Werkzeugen (ohne Dreh- u. Fräsmaschine) herzustellen sein.
    • Ausreichende Stabilität und Funktionalität.
    • Das gesamte Fernrohr sollte für Reisen im Flugzeug leicht und kompakt sein und maximal in 2 Aluminium-Werkzeugkoffer zu transportieren sein.
    • Es sollte mit einer aufgesetzten DSLR-Kamera und einem 250 mm-Teleobjektiv Sternfeld-Fotografien mit fünfminütiger Belichtungszeit möglich sein.

Das Teleskop
Der Zusammenbau des Bausatzes ist nicht schwierig. Alle erforderlichen Komponenten waren im Lieferumfang enthalten. In den Tubus wurde zunächst die mitgelieferte Blende nach Zeichnung eingesetzt und dann mit Velourklebefolie ausgekleidet. Objektiv-Tubus-Okularauszug habe ich mit je 3 Senkkopfschrauben 3×10 mm verschraubt. Die Taukappe besteht aus zwei zusammengeklebten Innenverbindern für Dunstabzugsrohre mit einem Innendurchmesser von 121 mm. Sie ist ebenfalls mit Velourfolie ausgekleidet. Das Rohr passt formschlüssig auf die Objektivfassung. Die Staubkappe besteht aus einem Teilstück dieses Rohres mit aufgeklebter Kunststoffplatte. Als Staubkappe am Okluarauszug passt ein DN 50-Abschlussstück der grauen Kunststoff-Abflußrohre. Auf dem Tubus ist ein Alu-U-Profil verschraubt, auf dem der Peilsucher befestigt wird. Die Idee und Bauanleitung für den Peilsucher ist der Zeitschrift ORION, Sondernummer 1980 entnommen. Das Teleskop ist mit einem Binokularansatz bestückt. Zur Sicherung des Auszugs gegen herausrutschen haben ich an dem beiden Klemmschrauben ein Neylonband befestigt. (Bild)

Die Montierung

Die Montierung in der Ansicht von rechts
Die Montierung in der Ansicht von links
Der Fußteller

Bei den Überlegungen zur Konstruktion blätterte ich wiedermal in den Bauanleitungen des Buches von G. Roth „Refraktor-Selbstbau“, dass ich mir für den Bau meines Sternwartenteleskops gekauft hatte. In diesem Buch wird eine Holzmontierung für einen Zweizöller beschrieben. Da ich einen Metallberuf lernt habe, beschloss ich, die Ideen aus diesem Buch aufzugreifen und eine ähnliche Montierung aus Aluminium zu bauen.
Die nötigen Zeichnungen waren schnell gemacht und eine Stückliste zusammengestellt.
Die Montierung besteht im Wesentlichen aus Aluminiumteile der Größe 30 x 35 x 10 mm und 30 x 80 x 10 mm. Das Material wird im Vorrichtungsbau eingesetzt und wurde auf der Plattensäge mit ausreichender Genauigkeit geschnitten, sodass keine Nacharbeit der Schnittflächen nötig war. Die Einzelteile sind mit Senkkopfschrauben 4 x 20 mm (Innensechskant) verschraubt. Die Achsen bestehen aus Ermeto-Rohr 12 x 2 mm. Dieses Rohr wird Vorzugsweise für die Verrohrung von Hydraulikanlagen verwendet und hat einen Außendurchmesser mit der Genauigkeit von 0,01 mm. Dadurch konnten die Bohrungen in den Lagerböcken und den Klemmstücken für die Feineinstellungen mit einer 12 mm Reibahle (Toleranz H7) auf einer einfachen Ständerbohrmaschine gebohrt werden. Die erreichte Genauigkeit und Stabilität ist erstaunlich gut.
Die Wandstärke von 2 mm lässt es zu, dass in die Gegengewichtsachse ein M10-Innengewinde geschnitten werden kann, um sie mit einem Gewindestift an die Deklinationsachse zu schrauben. Die Feinbewegungen der Achsen werden mit M5- und M6-Gewindestifte realisiert, die mit Zugfedern gegen die Wiederlager gezogen werden. Dadurch ist der Nachführweg in Rektaszension allerdings auf ca. 10 min begrenzt. Danach muss die Klemmung gelöst und die Feinbewegung wieder zurück gedreht werden. Die Schwalbenschwanzführung für das Teleskop besteht aus einer Grundplatte (180 x 40 x 10 mm) und seitlichen, um die Längsachse gebogenen Alu-Blechen. Diese werden mit zwei Flügelschrauben geklemmt. Die Gegengewichte sind 3 unbearbeitete unterschiedlich lange Wellenstücke aus Stahl. Die Okularablage besteht aus einer Sperrholzplatte.
Die Säule (Höhe bis 1,9 m) besteht aus 5 Stück ineinander zusammenschiebbaren Alu-Rohren. Es sind Halbzeuge die u. a. für Papierwalzen Verwendung finden. Die Rohre (Walzenrohr-AWU) sind in passenden Abmessungen lieferbar, sodass nur der Außendurchmesser um 0,2 – 0,3 mm abgedreht werden musste. Die Rohre haben Außendurchmesser von 90 mm (Formstücke für die Ständer) bis 40 mm. (oberes Teilstück) Die Länge des längsten Rohres (oberes Teilstück) richtet sich mit 600 mm nach der Größe des Transportkoffers. Die Länge der einzeln Rohre nimmt nach unten ab. Die Klemmringe sind aus Stahl gefertigt. Die vorher verwendeten Alu-Ringe waren den Belastungen nicht gewachsen und sind gerissen.
Die Füße sind zum Ausrichten der Säule verstellbar. Die Klemmung der verstellbaren Füße erfolgt tangential durch zusammendrücken der Gewinde. Auf einen M10-Gewindestift wurde unten eine Hutmutter aufgeschraubt, um eine kugelförmige Oberfläche zu den Fußtellern zu bekommen.
Mit dem Schweißen wurde ein Karosseriebauer beauftragt. Die Montierung hat ein Gewicht von ca. 12 kg und hat ca. 200 EUR gekostet. Montierung mit Motor nach der Größe des Alu-Koffers. Um Gewicht zu sparen, nimmt die Länge der Teilstücke der Säule nach unten ab.

Die Nachführung

Der motorische Antrieb
Die Montierung ausgerüstet mit einer Kamera. Die rote Linie zeigt die Elemente, die der Barndoor-Nachführung

Bei der Rektaszensionsfeinbewegung habe ich das Prinzip der tangentialen Barndoor-Montierung (rote Linien im Bild rechts) für die Fotografie übernommen. (s. auch SuW 1/77) Der Hebelarm für die Feinbewegung ist mit 114,3 mm so lang gewählt, dass bei der Verstellung mit dem M6-Gewindestift (Spindel) mit 1 mm Steigung eine Minute Nachführung eine halbe Umdrehung entspricht. An der Schraube ist eine Scheibe mit einer Sekundenskala angebracht, die bei der manuellen Nachführung mit dem Sekundenzeiger der Armbanduhr verglichen und entsprechend weitergedreht wird. Später habe ich hier einen Getriebemotor mit einer entsprechenden Drehzahlregelung angeflanscht. (Bild rechts) Da die Nachführspindel nach ca. 10 Minuten wieder zurückgedreht werden muss, schaltet der Motor ab, wenn das Spindelende erreicht wird und das Drehmoment zunimmt. (blauer Schalter in diesem Bild) Das Kästchen für Batterien und Steuerungsplatine ist im 3D-Druck entstanden.
Die Kamerahalterung ist so gestaltet, dass die Unterseite der Kamera parallel zur Deklinationsachse angeordnet ist. Dadurch ist Norden im Bild immer oben. Das erleichert die Auswertung der Bilder.
Mit dem Peilsucher ist es möglich, den Bildausschnitt beim Zurückdrehen der Spindel für die Rektaszensionsfeinbewegung annähernd wieder einzustellen. (Technische Daten des Antriebs)

Die Polausrichtung
Um die Montierung zum Nordpol auszurichten, werden die Deklinations- und Rektaszensionsachse gegen Anschläge geklappt. (Bildmitte in obiger Abb.). Dadurch werden die Achsen der Montierung zur optischen Achse des Teleskops ausgerichtet. Der Gesichtsfelddurchmesser beträgt bei 24-facher Vergrößerung ca. 2°. Daher wird der Polarstern entsprechend seiner Stellung zum Himmelspol und der Bildumkehrung im Fernrohr am Gesichtsfeldrand eingestellt. (Skizze) Dies ist für eine mehrminütige Belichtungszeiten mit einem 150 mm Teleobjektiv ausreichend.

Beide Koffer und ein Stuhl werden mit einer leichten Sackkarre bequem transportiert
Der linke Koffer beinhaltet die Säule und Montierung, der Rechte alle optischen Komponenten

Die Koffer
Es ist alles enthalten, was für die Exkursion benötigt wird. Teleskop mit Bino, Zenitprisma und Okulare, H-alpha- Sonnenfilter (Baaderfolie), Das komplette Teleskop in den Koffern Montierung, Wasserwaage, Taschenlampen, bis hin zu Taschenwärmern für kalte Nächte. Das Teleskop ist in ca. 15 Minuten aufgebaut und ausgerichtet. Für größere Exkursionen ist der Transport auf einer leichten Sackkarre sehr komfortabel. Die gesamte Einheit wiegt 28 kg.

Zusammenfassung und Kritik
Alle o. g. Forderungen konnten bei der Montierung weitestgehend erfüllt werden. Lediglich das Verbindungsstück Montierung-Säule und die Rohre der Teleskopsäule Sonnenbeobachtung im Sommerurlaub 2002 mussten auf die Drehmaschine, um den Außendurchmesser zu verkleinern. Die Montierung wird bei der Beobachtung mit ca. 5,5 kg, bei der Fotografie mit ca. 6,0 kg belastet. Die Schwingungen der Montierung wurden durch die Seilabspannungen deutlich reduziert.

Beobachtung einer streifender Sternbedeckung in der Nähe meines Wohnortes
Aufbruch nach Namibia mit meinen Reiseteleskop

Die Praxis hat aber gezeigt, dass ich sehr oft mit eingeschobener Säule im Sitzen  beobachte. Auch bei der Fotografie schiebe ich das obere Säulenrohr ganz ein. Bei der visuellen Beobachtung wie auch fotografisch erfüllt die Montierung seitens der Stabilität und bei der Nachführung von Hand ihren Zweck in vollem Umfang. Bei der Verwendung des Refraktors mit Fadenkreuzokular als Leitfernrohr ist die Nachführung sehr einfach. Das beleuchtete Fadenkreuzokular ist schon Bestandteil der Fotoausrüstung. Nachteilig ist die kompakte Bauweise der parallaktischen Montierung. Es ist schwierig die Klemmungen mit Handschuhen zu bedienen.